Freunde des Altonaer Museums e.V.

, Hansen Mareike

Stadtteilrundgang: Geschichte und Leben der jüdischen Gemeinde in der Neustadt

Bei bestem Herbstwetter fand am 1. Oktober 2021 ein weiterer Stadtteilrundgang im Rahmen der bereits vergangenen Ausstellung "Glaubensfreiheit" statt. Dieses Mal führte er die Teilnehmer*innen in die Neustadt, um den Spuren jüdischen Lebens nachzugehen.

Treffpunkt war an der Laeiszhalle, und nach einer kurzen Einführung in kleiner Runde ging es auch direkt los. Vor einer Autowerkstatt in der Poolstraße war der erste Halt. Hinter einem verschlossenen Stahltor befinden sich die überreste einer alten Synagoge, des "Neuen Tempels" . Rein konnte man nicht, da die Werkstatt samstags geschlossen ist. Eigentlich. Mitten in der Erklärung wurden wir von einem netten Herrn angesprochen, ob er uns das Tor aufschließen solle - und natürlich war die Freude groß. 

Direkt neben der Stadtteilschule am Hafen sind die letzten versteckten Bauteile des jüdischen Tempels, der einige Hundert Männer und Frauen fasste. Hier wurde auch ein 30 Jahre altes Rätsel gelöst. Eine der Teilnehmerinnen ging auf die angrenzende Schule. Aus den Klassenräumen konnte man die teilweise eingeschlagenen Fensterscheiben sehen, aber keins von den Kindern konnte sich erklären, was das für ein Gebäude war. Wie Kinder so sind, wurden sich Schauergeschichten erzählt: Geisterhaus, Räuberhöhle, Gaunerversteck. Nach 30 Jahren ist auch nun dieses Geheimnis gelüftet. Kein Geisterhaus, sondern eben Teile des alten Tempels. 

Verriegelt und verrammelt sind Türen und Fenster immer noch, und auch eingeschlagen. Trotzdem kann man noch die Größe des Gebäudes erkennen.

Nach ausgiebiger Erkundung der Ruinen ging es weiter. Nächster Halt: ein Spielplatz auf dem Innenhof eines Wohnkomplexes, knapp 200m weiter. Hier stand noch in der Nazizeit eine große Synagoge, größer als der Tempel nebenan, mit einer Matzefabrik daneben. Matze ist der biblischen Überlieferung nach das ungesäuerte Brot, dass die Juden kurz vor ihrem Auszug aus Ägypten buken. Es ist kaum zu glauben, wie sehr sich die Neustadt in und nach dem Zweiten Weltkrieg verändert hat. Bomben und Trümmerräumung haben in der Neustadt kaum etwas zurückgelassen.

Der Spaziergang durch die Neustadt ging spannend weiter, auf den teilweise nicht mehr sichtbaren Spuren jüdischen Lebens. Die nächsten zwei Rundgang finden erst 2022 wieder statt, die aber nicht minder spannend sein werden. Mehr Informationen finden Sie übrigens hier auf unserer Website.

 

Weitere Impressionen des Rundgangs